Natur und Umwelt
Unter dem Programmtitel "chance7 - wir fördern Heimat" sollen im Siebengebirge u.a. Lebensräume und Populationen von Arten - so heißt es - erhalten und optimiert werden. Die Planer haben "Leuchttürme" ausgemacht, mit denen die Umsetzungsphase gestartet werden soll - so auch im Menzenberger Tal.
Geplant ist die Wiederherstellung einer historischen Landschaftssituation durch Freistellung alter Weinbergs-Brachen und Streuobstwiesen; Entwicklung von Magerrasen mit eingestreuten Eichenkrüppelwäldern, Revitalisierung eines ehemaligen Weinbergs; Etablierung eines Grünlandmanagements, insbesondere eines Hüte-Systems mit Schafen, Ziegen oder Extensiv-Rinderrassen; Förderung des Natur- und Kulturerlebens.
Das Menzenberger Tal liegt am Fuße des Naturparks Siebengebirge zwischen Bad Honnef und Rheinbreitbach in Nähe des privaten Schulbetriebs "Schloss Hagerhof". Noch bis Ende der 1990er Jahre waren hier eine zeitlose, romantische Idylle und Ruhe gegeben. Es gab Schwarzspecht, Grünspecht, diverse Buntspecht-Arten, Feucht-Amphibien und viele Feuersalamander.
Durch bereits erfolgte und geplante massive, unverhältnismäßige Ausweitung des Schulbetriebs im Menzenberger Tal, zunehmende Bebauung, Rodungen und eine intensivere Nutzung ist der ehemals verwunschene Charakter des Tals in den letzten Jahren leider bereits fast verloren gegangen. Es dröhnen Kettensägen und Rasenmäher - der Autoverkehr tut sein übriges - feuchtliebende Amphibien haben gar keine Chance mehr. Durch den andauernden, ganzjährigen Einsatz von Maschinen bleiben die seltenen Vögel aus. Nur wenige Anwohner kümmern sich um Schutzzeiten für Brutvögel sowie um Natur- und Biotopschutz.
Begleitend zum Leuchtturm-Projekt "Kulturlandschaft Rheinhänge Menzenberg" ist zudem ein Flurbereinigungsverfahren angedacht - was in der Konsequenz zur Folge haben wird, dass der kleinteilige, waldreiche und natürliche Charakter der Talhänge zerstört werden wird. Welch einmaliges Ambiente hier verlorengeht, wird nicht gesehen oder soll nicht erörtert werden. Statt dem Schutz von Natur hier eine "Chance" zu geben, wird das Programm an den Hängen des Menzenberger Tals tatsächlich wohl der Zerstörung vorhandener Natur dienen.
Wie dies ablaufen wird, zeigt sich bereits im Kerngebiet Oberhau/Eudenbach. Der General-Anzeiger schreibt dazu am 05.11.2015 in seinem Artikel "Flurbereinigungsplan für Naturschutzprojekt Chance 7 - Zwischen Chance und Zumutung": "Im Kerngebiet Oberhau/Eudenbach, einem von sechs Kerngebieten des Projekts, sollen künftig in neu angelegten naturnahen Laubwäldern sowie Arealen mit Heide- und Magerrasen Rotmilane oder Uhus bestmögliche Lebensbedingungen vorfinden. Die erforderlichen Flächen möchte sich der Rhein-Sieg-Kreis durch ein beschleunigtes Zusammenlegungsverfahren sichern.
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Dass Behörden eine Planung für Flächen, die sich in Privateigentum befinden, macht, schmeckte manchem Bürger gar nicht. Auch nicht, dass der Eigentümer selbst Widerspruch einlegen muss, wenn er nicht am Verfahren teilnehmen möchte. Kreis und Bezirksregierung haben sich auf die erste Flurbereinigung des Projekts im Oberhau verständigt, weil es bei einer Vorabbefragung der bereits ermittelten Eigentümer Signale gab, dass dort Interesse besteht. Bisher konnte aber nur die Hälfte der Eigentümer ermittelt werden. Sie wurden persönlich eingeladen, während potenzielle weitere Eigentümer nur durch die öffentliche Bekanntmachung des Termins informiert wurden."
Gleiches gilt doch für die Hänge im Honnefer Talbereich: Auch dort sind die meisten Eigentümer gar nicht zu ermitteln.
Übrigens! Das Abholzen - genannt "Wiederherstellung Weinbergsbrache, Streuobstwiesen, Grünland" - ist für den gesamten Talhangbereich im Bad Honnef geplant - siehe "Maßnahmenraum 6.1.3" in der Projektkarte unter www.chance7.org
Vielleicht werden in 30 Jahren - nach Auslaufen des Projektes - für die Brachflächen dann aber auch neue, sinnfällige "Planungen" angestellt und andere erteilt. Man denke dabei nur an die Bestrebungen zur Bebauung des Selhofer Südens - nun auch mit dem neuerlichen Versuch über das sog. "Integrierte Stadtentwicklungskonzept" (Isek), der geplanten Bebauung der Weiden am Flossweg sowie der Zerstörung des bereits im Jahr 866 erwähnten Nachtigallenwäldchens!
Vielleicht - aber nur vielleicht - werden die Verantwortlichen eines Tages erkennen, was an Idylle und Lebensqualität durch die Verbauung im Honnefer Talbereich verloren geht und gegangen ist.
Karl Simrocks "Schildbürger" lassen grüßen!